Modellierung von Entgasungsvorgängen in Ein- und Mehrschneckenextruder

Modellierung von Entgasungsvorgängen in Ein- und Mehrschneckenextruder

In den wichtigen Industrieländern ist der Verfahrensschritt der Entgasung von Kunststoffen seit vielen Jahren ein immer aktuelleres Thema. Speziell der Einsatz von Ein- und Mehrschneckenextrudern zur Entgasung von flüchtigen Bestandteilen aus hochviskosen Polymerschmelzen findet dabei eine hohe Bedeutung. Um den hohen Ansprüchen hinsichtlich der Qualität der Kunststoffschmelze zu entsprechen, ist ein breites Verständnis für die Transportvorgänge in der Entgasungszone von Ein- und Mehrschneckenextrudern erforderlich. Aus diesem Grund wurde ein neuer Modellierungsansatz, der den Einfluss von kontinuierlicher Oberflächenerneuerung auf den Stofftransport im Extruder berücksichtigt, entwickelt.

Entgasen in Extrudern

Da bei der Herstellung vieler Polymere die Polymerisationsreaktionen unvollständig ablaufen, enthält ein Großteil der Polymere noch niedermolekulare Komponenten in Form von nicht umgesetzten Monomeren oder anderen Abbauprodukten. Diese flüchtigen Bestandteile sind aus ökologischen und technologischen Gründen im Polymer unerwünscht und müssen deshalb in einem nachgeschalteten Schritt, der Entgasung, entfernt werden. In Abhängigkeit der Viskosität des Polymers werden in der Industrie zahlreiche Apparate zur Entgasung von Polymeren eingesetzt. Für die Entgasung hochviskoser Polymere bieten vor allem Ein- und Mehrschneckenextruder eine wettbewerbsfähige Lösung.

Nur wenige theoretische Arbeiten berichten über die Modellierung von Stofftransportvorgängen in der Entgasungszone von Extrudern. Aus diesem Grund wurde ein neues Berechnungsmodell entwickelt, das den Einfluss von kontinuierlicher Oberflächenerneuerung berücksichtigt.

Ein neuer Ansatz

Der Stofftransport in hochviskosen Polymeren ist bei geringen Konzentrationen an flüchtigen Bestandteilen hauptsächlich durch Diffusionsvorgänge bestimmt. Aus verfahrenstechnischer Sicht wird der Entgasungsvorgang im Extruder durch zwei parallele Mechanismen kontrolliert: (1) Entgasung vom rotierenden Schmelzepool an der aktiven Schneckenflanke und (2) Entgasung vom Schmelzfilm an der Zylinderoberfläche.

Abb. 1: Schematische Darstellung eines Schneckengangs in der Entgasungszone von Extrudern

Die wenigen Modellierungsansätze, die sich mit Entgasungsprozessen in Extrudern beschäftigen, vernachlässigten den Einfluss der Polymerströmung im Extruder, die für eine kontinuierliche Erneuerung der ausgesetzten Oberflächen sorgt. Um den Einfluss der Oberflächenerneuerung auf die Entgasungseffizienz aufzuzeigen, wurde eine analytische Näherungsformel für das Geschwindigkeitsfeld der Zirkulationsströmung an der aktiven Stegflanke des teilgefüllten Schneckenkanals hergeleitet. Auf diese Weise konnte der konvektive Einfluss in der Erhaltungsgleichung für die Konzentration der flüchtigen Komponenten berücksichtigt werden.

Abb. 2: Vektorplot des Geschwindigkeitsfeldes, das sich vor der aktiven Stegflanke bildet

Die resultierende Konvektions-Diffusions-Gleichung, die mit Hilfe der Finiten-Volumen-Methode numerisch gelöst wurde, verdeutlicht sowohl quantitativ als auch qualitativ, wie der Stofftransport von flüchtigen Bestandteilen mit der Strömung in der Entgasungszone in Beziehung steht.

Wirkungen und Effekte

 Die analytische Näherungslösung für das Geschwindigkeitsfeld der Zirkulationsströmung bietet ein nützliches Werkzeug für weitere Strömungsanalysen in Entgasungsextrudern oder in anderen teilgefüllten Extrudern. Der neue Modellierungsansatz zeigt, dass kontinuierliche Oberflächenerneuerung den Entgasungsprozess auch bei geringen Schneckendrehzahlen erheblich beschleunigt und somit einen signifikanten Einfluss auf die Entgasungseffizienz aufweist.

Abb. 3: Verteilung der flüchtigen Komponenten im rotierenden Schmelzepool

Der Grad, zu dem die Oberflächenerneuerung den Entgasungsprozess beschleunigt, hängt von der Geometrie der Schnecke, den Materialeigenschaften und Verarbeitungsparametern ab.

Die Berücksichtigung der Konvektion bei der Modellierung von Entgasungsvorgängen in Extrudern stellt einen innovativen Beitrag zu den bisherigen Berechnungsmodellen dar. Die Inhalte dieser Arbeit sind von hoher Bedeutung und unterstützen die Entwicklung und Optimierung von Entgasungszonen in Ein- und Mehrschneckenextrudern.

Kontakt und Informationen

K2-Zentrum, ACCM

Linz Center of Mechatronics GmbH                                          Projektkoordination

Altenberger Straße 69, A-4040 Linz                                           Prof. DI Dr. Jürgen Miethlinger

T + 43 (0) 732 2468 – 6002
E office@lcm.at, www.lcm.at

 

Projektpartner

Organisation  Land
Johannes Kepler Universität Linz (JKU) Österreich

 

Fähigkeiten

Gepostet am

1. Januar 2016